"Nicht hinnehmbar"

Gesprächspartner des Caritas-Verbands Diskutierten die Lage von minderjährigen Flüchtlingen (von links): Diözesan-Caritasdirektor Josef Lüttig, Marie-Luise Tigges, André Kuper MdL, Heinrich Westerbarkey und Domkapitular Dr. Thomas Witt, Vorsitzender des Diözesan-Caritasverbandes. Foto: cpd/Jonas Paderborn, 27. Januar 2017. Aktuelle Probleme in der Flüchtlingssozialarbeit standen jetzt im Mittelpunkt eines Besuches von André Kuper, des stellvertretenden Vorsitzenden der CDU-Landtagsfraktion, beim Diözesan-Caritasverband. Insbesondere die zeitweilige Aussetzung des Familiennachzuges für Flüchtlinge mit subsidiärem Schutzstatus steht weiterhin in der Kritik der Caritas. „Dies erweist sich in der Praxis als echtes Integrationshindernis“, so Diözesan-Caritasdirektor Josef Lüttig. Besonders problematisch: der Familiennachzug bei allein reisenden Minderjährigen. Die Betroffenen haben nach Anerkennung als Flüchtling zwar einen Rechtsanspruch darauf, ihre Eltern nachzuholen, allerdings nicht die minderjährigen Geschwister. „Bisher wurde dies von deutschen Botschaften im Ausland und Ausländerbehörden im Rahmen einer ‚außergewöhnlichen Härte‘ großzügig geregelt“, sagt Marie-Luise Tigges vom Diözesan-Caritasverband. Doch inzwischen werde deutlich restriktiver entschieden. „Die im Ausland lebenden Eltern werden vor die Wahl gestellt, entweder ihr Kind in Deutschland zu betreuen oder die noch bei ihnen lebenden Kinder.“ Eine solche erzwungene Trennung von Familien, sei aus Caritassicht nicht hinnehmbar. „Auch vor dem Hintergrund des grundgesetzlichen Schutzes von Ehe und Familie ist eine solche Praxis äußerst fragwürdig“, betont Diözesan-Caritasdirektor Josef Lüttig.

Ein besonderes Anliegen ist für die Caritas auch der Schutz von Minderheiten in Gemeinschaftsunterkünften. Beschwerden von christlichen Flüchtlingen über Belästigungen und Bedrohungen durch muslimische Mitbewohner sollte sensibel und sorgfältig nachgegangen werden, fordert der Vorsitzende des Diözesan-Caritasverbandes, Dr. Thomas Witt, zugleich Beauftragter für Flüchtlingsfragen im Erzbistum Paderborn.

Wie es gelingen kann, jugendlichen Flüchtlingen eine berufliche Perspektive zu schaffen, wurde bei einem anschließenden Besuch des IN VIA Berufsförderzentrums St. Lioba diskutiert. Kontinuierliche Begleitung im Übergang zu einer Berufsausbildung, aber auch in der Ausbildung selbst, ist hier ein wesentlicher Schlüssel zum Erfolg, so ein Fazit der Gespräche. „Leider sind entsprechende Bildungsangebote der Bundesagentur für Arbeit in den letzten Jahren um 30 Prozent zurückgefahren worden“, so Heinrich Westerbarkey vom Diözesan-Caritasverband. „Junge Geflüchtete müssen von den Agenturen und Jobcentern auch tatsächlich die Möglichkeit erhalten, berufliche Qualifizierungsmaßnahmen wie z. B. berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen zu absolvieren. Nur den Zugang zu ermöglichen, reicht allein nicht aus.“ Für eine gelingende Arbeitsmarktintegration von Flüchtlingen brauche es eine langfristig angelegte und verlässliche Begleit- und Unterstützungsstruktur. Die oft kurzfristigen „Aktivierungsmaßnahmen“ der Jobcenter und Agenturen seien nicht geeignet.