Februar 2023

Liebe Engagierte in der Flüchtlingshilfe im Erzbistum Paderborn,
sehr geehrte Damen und Herren,

zum 01.02.2023 habe ich meine neue Aufgabe als Diözesan-Caritasdirektor angetreten und freue mich auf die Begegnungen mit vielen engagierten haupt- und ehrenamtlich Tätigen in der Caritas-Dienstgemeinschaft. Gleichzeitig habe ich von meinem Vorgänger, Josef Lüttig, gerne die Funktion des Flüchtlingsbeauftragten übernommen. An dieser Stelle danke ich ihm ganz herzlich, dass er seit Oktober 2020 Geflüchteten und allen Menschen, die sie unterstützen in unserem Erzbistum eine Stimme gegeben hat.

Ich möchte diese Ausgabe unseres Newsletters nutzen und Sie bitten, wann immer Sie Hilfe und Unterstützung benötigen, Kontakt zu meinem Mitarbeiter, Herrn Barjosef, aufzunehmen. Im Sinne der Hilfebedürftigen werden wir uns den immer wieder neuen Herausforderungen stellen und im Rahmen unserer Möglichkeiten gemeinsam nach Lösungen suchen. Ist es doch unser gemeinsamer Auftrag, die Interessen der Menschen zu vertreten, die ihre Hoffnung in uns gesetzt haben und für sie und ihre Unterstützer*innen Sprachrohr in die Kirche und Gesellschaft sein.

Nachdem wir die Corona-Pandemie langsam aber sicher hinter uns haben und soziale Kontakte wieder möglich sind, ist es sehr bitter, dass wir in diesen Tagen auf ein Jahr Krieg gegen die Ukraine, mit unzähligen unschuldigen Opfern und auf eine sinnlose Zerstörung mitten in Europa, blicken. Damit möchte ich keinesfalls das Leid vieler anderer Geflüchteter außer Acht lassen. Als ob all die globalen Krisen nicht traurig genug wären, hat ein Erdbeben in der Grenzregion Türkei/Syrien über 46.000 Menschen das Leben gekostet, unzählige Menschen verletzt und obdachlos gemacht. Ihre Verzweiflung und die ihrer Angehörigen, auch bei uns, ist mehr als nur verständlich.

Trotz alledem sollten wir nicht pessimistisch sein. Die Erfahrungen der letzten Jahre machen auch Mut und sollten uns positiv stimmen: Gemeinsam haben wir die Herausforderung der Jahre 2015/16 gestemmt. Die Gastfreundschaft gegenüber Menschen aus der Ukraine ist überragend und die Spendenbereitschaft für die Erdbebenopfer sagenhaft. Und dabei bin ich mir sicher, ohne das Ehrenamt innerhalb und außerhalb kirchlicher Strukturen wäre all das nicht möglich. Es ist beeindruckend, wieviele Menschen sich für den Nächsten einsetzen. Dafür danke ich Ihnen ganz herzlich. Zugleich möchte ich Sie ermutigen, lassen Sie uns nicht müde werden, stecken Sie, wenn möglich, andere Menschen mit dem Virus der Nächstenliebe an.

Mit der 66. Ausgabe dieses Newsletters ist es uns wieder gelungen, nützliche Informationen für Ihre zahlreichen Einsätze zu recherchieren. Gute Lektüre!

Ihr Ralf Nolte
Diözesan-Caritasdirektor & Sonderbeauftragter für Flüchtlingsfragen im Erzbistum Paderborn

 

1. Flüchtlingsgipfel bleibt hinter den Erwartungen

Am 16.02.23 hat die Bundesinnenministerin Nancy Faeser zu einem Flüchtlingsgipfel nach Berlin eingeladen. Teilnehmende waren Vertreter*innen des Bundes, der Länder und Kommunen. Dringende Fragen wie auskömmliche Finanzierung und Bereitstellung von Wohnraum wurden auf das nächste Treffen Mitte März mit dem Bundeskanzler vertagt. Immerhin wurden nunmehr auch die Kommunen in die bestehenden Arbeitsstrukturen eingebunden und in vier Arbeitsgruppen sollen Vorlagen für das Treffen mit dem Kanzler erarbeitet werden. Auch im Erzbistum Paderborn sind viele Kommunen mit der Aufnahme überlastet und benötigen dringende Hilfe. Hier lesen Sie die Stellungnahme des Flüchtlingsbeauftragten zum Flüchtlingsgipfel.

2. Neue Webseite für Geflüchtete und Unterstützende

Zum Jahresbeginn ist die neue Website basiswissen.asyl.net online gegangen. Der Nachfolger des Portals fluechtlingshelfer.info richtet sich an geflüchtete Menschen und ihre Unterstützer*innen und bietet einen Überblick über Materialien und Handreichungen zu wichtigen asyl- und aufenthaltsrechtlichen Fragen sowie zum Leben in Deutschland.

Entsprechend umfassen die einzelnen Rubriken Themen wie „Asylverfahren“ und „Familiennachzug“ ebenso wie „Lernen und Arbeiten“, „Freiwilliges Engagement“ oder „Schutz vor Diskriminierung“. Basiswissen.asyl.net ist das neueste Informationsangebot des Informationsverbundes Asyl und Migration und ergänzt die bisherigen Informationsangebote asyl.net und familie.asyl.net, indem es einführende, grundständige Informationen und einen Überblick über weiterführende Materialien bietet.

Das Portal besteht aus zwei Bereichen: Unter "Wissen kompakt" finden Sie 70 thematische Beiträge, untergliedert in elf inhaltliche Kategorien. Die einzelnen Beiträge beinhalten einführende Informationen sowie Links auf weiterführende Materialien. Im Bereich "Informationen in verschiedenen Sprachen" finden Sie 30 Beiträge, in denen mehrsprachige Materialien zu einer breiten Palette von Themen gesammelt werden. Die neue Webseite steht auch auf Facebook und Twitter zur Verfügung. Mehr

3. Deutschland überprüft Regeln für Asyl-Anerkennungen für Afghaninnen

Laut einer Meldung des epd (Evangelischer Pressedienst) ist bald mit einer positiven Entwicklung in der Anerkennungspraxis von Mädchen und Frauen aus Afghanistan zu rechnen. Demnach überprüfen deutsche Behörden nach einer Empfehlung der EU-Asylagentur zur automatischen Anerkennung von Afghaninnen als Geflüchtete ihre bisherige Praxis. Dies teilte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) dem epd am 14.02.23 mit. Soweit erforderlich, werde die Entscheidungspraxis angepasst. Schweden und Dänemark haben bereits angekündigt, afghanische Frauen und Mädchen automatisch als Flüchtlinge anzuerkennen. Mehr

4. FAQ-Liste zum Chancen-Aufenthaltsrecht

Am 09.02.2023 hat das Integrationsministerium NRW eine Übersicht der wichtigsten Fragen zum Chancen-Aufenthaltsrecht (ChAR) herausgegeben. Die interessierte Leserschaft findet darin Antworten auf Fragen wie und wo kann ich das ChAR beantragen? Welche Voraussetzungen muss ich erfüllen? Welche Fristen sind zu beachten? Und wie geht es anschließend weiter? Außerdem finden Sie darin Angaben zu den Sprachkenntnissen, Lebensunterhaltssicherung und Möglichkeiten für Familienangehörige. Mehr . Weiterführende Informationen zum Thema finden Sie hier.

Übrigens: Nach einem Beschluss des VG Frankfurt a.M. vom 06.10.2022 sind kurzfristige Aufenthaltsunterbrechungen bis zu drei Monaten im Kontext des Chancen-Aufenthaltsrechts unschädlich, wenn keine Verlegung des Lebensmittelpunkts stattfindet (Az.: 6 L 2434/22.F). Ebenso der VGH Hessen am 04.10.22 (Az.: 3 B 523/22).

5. Familienzusammenführungen nach Deutschland im Rahmen der Dublin-III-Verordnung

Die Trennung von schutzsuchenden Familien innerhalb der Europäischen Union ist ein Thema, das die Beratungspraxis seit Jahren beschäftigt. In der Praxis betrifft dies etwa Familien, bei denen sich der Vater bereits in Deutschland befindet, während seine Ehefrau und die Kinder zu einem späteren Zeitpunkt z.B. nach Griechenland eingereist sind. Aufgrund von Regelungen der sogenannten Dublin-III-Verordnung besteht die Möglichkeit, die Familieneinheit innerhalb der EU herzustellen. Das Verfahren ist aber mit vielen Hürden verbunden, etwa, weil notwendige Unterlagen nicht vorhanden sind oder von den beteiligten Behörden nicht anerkannt werden. Ein Leitfaden der Diakonie geht auf häufig auftretende Probleme ein und bietet zahlreiche Hinweise für die Beratungspraxis. Mehr

6. Wissenswertes zur Abschiebungshaft

Dass die größte Abschiebehaft Deutschlands mit 175 Plätzen sich in Büren bei Paderborn befindet, ist nichts Neues. Diese ist als UfA (Unterbringungseinrichtung für Ausreisepflichtige) bekannt. Ein aus Vertreter*innen der Politik, Wohlfahrt und Religionsgemeinschaften bestehendes Gremium, der UfA-Beirat, begleitet die Arbeit in der Einrichtung und ist Ansprechpartner für Untergebrachte, ihre Unterstützer*innen, aber auch für das hauptamtliche Personal. Im Juli 2022 wurde dort nach langer Vorlaufzeit eine Beschwerdebeauftragte installiert. Anstellungsträger ist der Caritasverband Büren. Je nach Form der Abschiebungshaft (Vorbereitungshaft, Sicherungshaft oder Ausreisegewahrsam) können die Menschen zwischen 10 und 180 Tagen dort verbringen. Aktuell plant das Land eine weitere Einrichtung am Düsseldorfer Flughafen mit 25 Plätzen. Wer näher am Thema interessiert ist, findet in einem Beitrag von Stefan Keßler vom Jesuiten-Flüchtlingsdienst eine sehr gute Einführung. Mehr

7. Unterhaltsvorschuss für Kinder aus der Ukraine

Aus der Praxis werden immer wieder Fälle gemeldet, wo Jobcenter Frauen mit Kindern an die Unterhaltsvorschusskasse verweisen. Das ist in den meisten Fällen nicht rechtens. Ein Anspruch auf Unterhaltsvorschuss setzt voraus, dass die Eltern dauernd getrennt im Sinne des BGB leben. Laut einer Klarstellung des zuständigen Ministeriums liegt kein dauerndes Getrenntleben vor, wenn es an der häuslichen Gemeinschaft nur deshalb fehlt, weil ein Ehegatte oder Lebenspartner beispielsweise im Ausland der gesetzlichen Wehrpflicht nachkommt. In diesen Situationen empfiehlt sich die Kontaktaufnahme zu einem Migrationsfachdienst. Es ist durchaus möglich, dass die Weisung der Bundesagentur noch nicht bei allen Jobcentern angekommen ist.

8. Sprachführer Deutsch – Ukrainisch

Seit Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine vor einem Jahr sind über eine Million Geflüchtete aus der Ukraine in Deutschland registriert worden. Ihre Bleibeabsichten sind sehr unterschiedlich. Laut einer Umfrage, die Ende vergangenen Jahres durchgeführt wurde, wollen ein Drittel dauerhaft oder für einige Jahre in Deutschland bleiben. Ein weiteres Drittel will nach Ende des Krieges Deutschland wieder verlassen; die anderen sind überwiegend unentschlossen. Fundierte Sprachkenntnisse sind aber für alle gleichermaßen wichtig. Hierzu stehen Sprach- und Integrationskurse uneingeschränkt zur Verfügung. Innerhalb von kurzer Zeit sind zahlreiche Lehrwerke entstanden, die Rücksicht auf unterschiedliches Lernverhalten nehmen. Ein solches Angebot ist der Sprachführer des privaten Unternehmens UGC. Mit Hilfe eines kostenlosen Wörterbuchs sollen Menschen aus der Ukraine unterstützt werden. Unterteilt in verschiedene Themenbereiche finden sie leicht Zugang zur deutschen Sprache. Mehr

9. Spitzengespräch des DCV und der DBK mit dem BAMF in Nürnberg

Das jährliche Spitzengespräch von DCV und DBK mit der Leitung des BAMF konnte dieses Jahr wieder in Präsenz im BAMF in Nürnberg stattfinden. Erzbischof Heße, Frau Welskop-Deffaa, Herr Dr. Sommer und Mitarbeitende sprachen am 31.01.2023 über die von der DBK veröffentlichten Integrationsthesen und daran anknüpfend über verschiedene Herausforderungen der Integration und aktuellen Fluchtzuwanderung nach Deutschland und Europa. Eingehend wurde die Zusammenarbeit mit Blick auf die Einführung einer bundesweiten Asylverfahrensberatung und die Entwicklungen in der MBE mit Blick auf die neue Förderrichtlinie besprochen. Darüber hinaus konnten das Programm Neustart im Team, Resettlement sowie das Bundesaufnahmeprogramm Afghanistan ebenso kurz angesprochen werden wie die Situation ukrainischer Geflüchteter und jene iranischer Konvertiten im Asylverfahren.

10. Kein Flüchtlingsschutz für Wehrdienstentzieher aus Syrien

Die Frage, welcher Schutzstatus Wehrdienstverweigerern aus Syrien zuzusprechen ist, ist schon seit Jahren umstritten. Häufig gewährten Gerichte nur den subsidiären Schutz statt des Flüchtlingsschutzes. Das OVG Berlin-Brandenburg hatte allerdings aufgrund einer Entscheidung des EuGH seine Rechtsprechung geändert und Flüchtlingsschutz gewährt. Die entsprechenden Urteile des OVG wurden nun wiederum vom BVerwG aufgehoben. Mehr

11. Eritrea: Zumutbarkeit der Passbeschaffung und Reueerklärung

Bereits in der Ausgabe November 2022 hatten wir Sie auf ein Urteil des BVerwG hingewiesen. Es hatte entschieden, dass es rechtswidrig ist, Menschen aus Eritrea gegen ihren Willen dazu zu verpflichten, einen Nationalpass zu beschaffen und dabei die sogenannte „Reueerklärung“ zu unterschreiben. Zitat: „Einem subsidiär schutzberechtigten Ausländer darf die Ausstellung eines Reiseausweises für Ausländer nicht mit der Begründung verweigert werden, er könne einen Pass seines Herkunftsstaates auf zumutbare Weise erlangen, wenn der Herkunftsstaat die Ausstellung eines Passes an die Unterzeichnung einer "Reueerklärung" knüpft, die mit der Selbstbezichtigung einer Straftat verbunden ist, und der Ausländer plausibel darlegt, dass er die Erklärung nicht abgeben will.“ Nun liegt das Urteil des BVewG vor und ein Caritas-Rechtsberater hat hilfreiche Erläuterungen dazu zur Verfügung gestellt.

12. Bachelorstudiengang an der Uni Oldenburg

Zum siebten Mal bietet die Carl von Ossietzky Universität Oldenburg zum Wintersemester 2023/24 den akkreditierten Bachelorstudiengang Pädagogisches Handeln in der Migrationsgesellschaft an. Adressat*innen für dieses Studienangebot sind u.a. Migrant*innen und geflüchtete Personen, die im Herkunftsland eine akademische Ausbildung, ein wissenschaftliches Studium in pädagogischen, sozialpädagogischen oder ähnlichen Handlungsfeldern begonnen (mind. 2. Semester) bzw. abgeschlossen haben. Weitere Informationen finden Sie hier. Fragen beantwortet die wissenschaftliche Mitarbeiterin, Andrea Hertlein per .

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Herausgeber: Ralf Nolte, Flüchtlingsbeauftragter

Redaktion: Hezni Barjosef, Koordination Flüchtlingshilfe im Erzbistum Paderborn,