März 2021

Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe ehrenamtlich Engagierte und liebe hauptamtlich Mitarbeitende,

in den ersten Jahren des syrischen Bürgerkrieges, der am 15. März 2011 mit Protesten gegen Behördenwillkür begann, kamen nur wenige Flüchtlinge nach Deutschland. Es wurden am Ende fast eine Million Menschen, die allein im Jahr 2015 einen Asylantrag stellten. Kein anderes europäisches Land hat mehr syrische Flüchtlinge aufgenommen als Deutschland. Aber die Gesellschaft ist bis heute darüber gespalten. Die Willkommenskultur war in der Bevölkerung spätestens in der Silvesternacht 2015/16 gekippt. Politisch profitierte die AfD vom Unmut über Merkels Flüchtlingspolitik und wurde bei der Bundestagswahl 2017 stärkste Oppositionspartei. Deutschland befindet sich am Anfang eines Superwahljahres mit sechs Landtagswahlen und der Bundestagswahl. Noch steht die Bekämpfung der Corona-Pandemie im Vordergrund. Aber Flucht und Migration könnten erneut zu einem heißdiskutierten Thema werden. Vor diesem Hintergrund mahne ich die Parteien, den Schutz von Flüchtlingen nicht zu vergessen. Flüchtlingspolitik wird oft vorrangig unter den Gesichtspunkten von Missbrauchsbekämpfung und Gefahrenabwehr erörtert und wahrgenommen. In der Debatte in Deutschland müssen aber die Notwendigkeit einer Aufnahme von weiteren Flüchtlingen und auch Erfolge bei der Integration stärker betont werden. Die Parteien haben hier in ihren Wahlkampagnen eine besondere Verantwortung.

Zehn Jahre nach dem Beginn des Aufstands in Syrien ist das Land verwüstet und gespalten. Die Aussichten sind düster. Machthaber Assad ist weiter an der Macht. In wenigen Wochen wird er eine Präsidentschaftswahl inszenieren. Die Menschen wissen, wie brutal das Regime ist. Und sie sehen keine Chancen für einen Regimewandel oder für Reformen. Der Konflikt hat die Syrer völlig erschöpft. Lebensmittel und Güter des täglichen Bedarfs sind knapp und aufgrund der Inflation kaum noch bezahlbar, auch aufgrund der ungewollten Folgen westlicher Sanktionen. Aber schon vorher hatten der Krieg und die jahrzehntelange Korruption die Wirtschaft verwüstet. Knapp zehn Jahre nach den ersten Protesten im März 2011 hat Assad den Aufstand in den meisten Teilen des Landes niedergeschlagen. Nur noch der kurdische Nordosten, die Provinz Idlib – wo mehr als drei Millionen Menschen unter höchst prekären Bedingungen leben - sowie Gebiete an der türkischen Grenze, die die Türkei besetzt hält, entziehen sich seiner Kontrolle. Etwa 13 Millionen Syrerinnen und Syrer sind auf der Flucht. In Syrien sind elf Millionen Menschen auf humanitäre Hilfe angewiesen. Seit bald fünf Jahren sind das Erzbistum Paderborn und der Diözesan-Caritasverband mit kirchlichen und zivilen Organisationen in Syrien im Kontakt und unterstützen sie in den Bereichen Armutsbekämpfung, Bildung, Gesundheit und Seelsorge.

Ihnen wünsche ich ein gesegnetes Fest der Auferstehung und Gottes Segen.

Ihr Josef Lüttig

Vorstandsvorsitzender Diözesan-Caritasverband und Sonderbeauftragter für Flüchtlingsfragen im Erzbistum Paderborn

1.   Syrien: „Für kaum eine andere Hilfe haben wir mehr Geld ausgegeben und doch geht es den Menschen unfassbar schlecht“

Caritas international, das internationale Hilfswerk des Deutschen Caritasverbandes, hat die Opfer des syrischen Bürgerkrieges in den vergangenen 10 Jahren mit rund 70 Millionen Euro unterstützt. „Für kaum eine andere Hilfe hat der Deutsche Caritasverband in seiner 100-jährigen Geschichte der Auslandshilfe so viel Geld ausgegeben“, sagt Caritas-Präsident Peter Neher am 09.03.2021 anlässlich des 10. Jahrestages der Proteste gegen den Machthaber Baschar al-Assad, die den Beginn des syrischen Bürgerkriegs markieren. „Und doch müssen wir feststellen: Den Menschen in Syrien geht es so schlecht wie nie zuvor. Das ist extrem bitter.“ Vor dem Hintergrund der weiter stattfindenden Kämpfe und der Wirtschaftskrise im Land gibt es keine Alternative, als den Menschen weiterhin zur Seite zu stehen. Hierfür werden dringend mehr Mittel für die humanitäre Hilfe benötigt, um endlich nachhaltig helfen zu können. Mit Blick auf die Ende März in Brüssel stattfindende Geberkonferenz fordert Peter Neher, dass „der Hilfsplan diesmal unbedingt zu 100 Prozent und nicht wie im vergangenen Jahr nur zur Hälfte gedeckt ist. Wir tun nach wie vor alles, was in unserer Macht steht, um diesen Menschen zu helfen“, so Neher. „Klar ist aber: dauerhaft darf humanitäre Hilfe nicht zum Feigenblatt eines politischen Versagens werden. Ohne eine politische Lösung des Konflikts werden wir in zehn Jahren nicht weiter sein als heute.“

2.   2020 wurden deutlich weniger Menschen aus Deutschland abgeschoben

Die Reisebeschränkungen der aktuellen Pandemie haben dazu geführt, dass die Zahlen abgeschobener Schutzsuchender mehr als halbiert wurden. Während in 2019 mehr als 22.000 Menschen abgeschoben wurden oder das Land „freiwillig“ verlassen mussten, lag die Zahl ein Jahr später bei 10.800 Personen. Auch in der Abschiebehaft Büren (Unterbringungseinrichtung für Ausreisepflichtige, genannt UfA) kam es zu einem deutlichen Rückgang der Untergebrachten. Zeitweise befanden sich dort nur noch drei Personen, bevor der Betrieb nach dem ersten Lockdown sukzessiv hochgefahren wurde. Der Mediendienst Integration hat in einem Dossier aufschlussreiche Informationen zusammengestellt. Auch das Online-Magazin „MiGazin“ hat diesem Thema einen lesenswerten Artikel gewidmet. Mehr

3.   Studie zum zivilgesellschaftlichen Engagement von Menschen mit Migrationshintergrund

Die migrationsbedingte Vielfalt in Deutschland nimmt zu, und mit ihr schreitet auch die Teilhabe der Zugewanderten und ihrer Nachkommen an den zentralen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens voran. Das gilt insbesondere in den Bereichen Arbeitsmarkt und Bildung, Gesundheit, Wohnen und Soziales. Was die politische und bürgerschaftliche Beteiligung angeht, ist viel Luft nach oben, so das Ergebnis einer aktuellen Studie des Sachverständigenrates deutscher Stiftungen für Integration und Migration. „Wer sich zivilgesellschaftlich engagiert, ist auch politisch aktiv(er). Im Interesse der demokratischen Bürgergesellschaft und des sozialen Zusammenhalts sollte dies im Rahmen der politischen Bildung, der Integrationspolitik sowie der Engagementpolitik berücksichtigt werden“, so die Autoren der Studie „Mitten im Spiel – oder nur an der Seitenlinie?“. Mehr

4.   DBK-Broschüre: An der Seite der Schutzsuchenden

Unter dem Titel „An der Seite der Schutzsuchenden“ hat die Deutsche Bischofskonferenz eine Arbeitshilfe zur katholischen Flüchtlingshilfe zwischen 2015 und 2020 veröffentlicht. Darin wird das Engagement der (Erz-)Diözesen sowie kirchlicher Initiativen und Organisationen in den vergangenen Jahren dokumentiert und gewürdigt.

Der Sonderbeauftragte für Flüchtlingsfragen der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Dr. Stefan Heße (Hamburg), betont in seinem Vorwort, dass die Solidarität mit schutzsuchenden Menschen seit jeher zum christlichen Selbstverständnis gehöre. Gleichzeitig erinnert er daran, dass insbesondere seit 2015 viele Aktivitäten intensiviert worden seien. Die Broschüre fasst wichtige Daten und Fakten zusammen, informiert über Hilfsprojekte im In- und Ausland sowie über Solidaritätsreisen zu den Knotenpunkten des weltweiten Fluchtgeschehens, enthält eine Rückschau auf die bisherigen katholischen Flüchtlingsgipfel und gibt einen Überblick über thematisch relevante Stellungnahmen der Deutschen Bischofskonferenz. Den Hauptteil der Arbeitshilfe bilden Beispiele konkreter kirchlicher Flüchtlingsarbeit. Sie orientieren sich an den vier Verben, mit denen Papst Franziskus den kirchlichen Auftrag gegenüber Geflüchteten charakterisiert hat: „Aufnehmen, schützen, fördern, integrieren“.  Die Arbeitshilfe ist hier als PDF abrufbar. Druckexemplare können ebenfalls bestellt werden.

5.   Menschen in der aufenthaltsrechtlichen Illegalität

Am 9. und 10. März fand die diesjährige Jahrestagung des katholischen Forums „Leben in der Illegalität“ statt. Darin befassen sich Praxis, Wissenschaft und Politik mit aktuellen Fragen, die Menschen in der Illegalität betreffen. Schwerpunkt der Tagung war dieses Jahr die Sichtbarkeit, Repräsentation und Teilhabe für betroffene Menschen. In einer im Anschluss an der Jahrestagung abgegebenen Erklärung fordert der Deutsche Caritasverband, dass der Umgang mit mehreren Hunderttausend Menschen, die sich in Deutschland in der Illegalität befinden, überdacht werden sollte: In der Erklärung heißt es: „Menschen, die sich illegal in Deutschland aufhalten, leben weitgehend unter dem Radar. Die Gefahr ist groß, dass sie vor Corona nicht adäquat geschützt werden können, wenn sie etwa keinen Zugang zu staatlich finanzierten Tests oder zu Impfungen haben. Der Deutsche Caritasverband fordert, dass Zugänge ermöglicht werden und zudem – mindestens für die Zeit der Pandemie - die Übermittlungspflicht, die öffentliche Stellen verpflichtet, einen illegalen Aufenthalt zu melden, im Gesundheitsbereich ausgesetzt wird. Nur so können sich die Betroffenen angstfrei testen und impfen lassen – zu ihrem eigenen Schutz und zum Schutz anderer.“

6.   Kooperationspartner gesucht

„Aus eigener Kraft“ ist ein Projekt des Instituts für Kirche und Gesellschaft der Evangelischen Kirche von Westfalen. Mit einem Angebot an Onlineschulungen sollen die Teilnahmechancen von Geflüchteten mit einer Duldung beim Einstieg in Ausbildung und Arbeit verbessert werden. Um die Teilnahme am Projekt zu ermöglichen, werden 25 Laptops zur Verfügung gestellt, die mit Hilfe von Kooperationspartnern Bedürftigen auf Leihbasis vermittelt werden. Kooperationspartner können Beratungsstellen, Migrantenselbstorganisationen, Kirchengemeinden oder Gemeinschaftsunterkünfte sein. Weitere Informationen und Kontaktdaten der Verantwortlichen finden Sie hier.

7.   Zuwanderung zum Zweck der Erwerbstätigkeit – Wichtige Regelungen im Überblick

Anfang März 2020 trat das Fachkräfteeinwanderungsgesetz in Kraft. Ein wichtiges Instrument, um eine Einreise für Drittstaatsangehörige zwecks Aufnahme einer Erwerbstätigkeit oder für die Suche nach einer Arbeitsstelle in Deutschland zu erleichtern. Der Sachverständigenrat für Integration und Migration (SVR Migration) hat das Faktenpapier „Zuwanderung zum Zweck der Erwerbstätigkeit“ aktualisiert. Es gibt einen Überblick über die wichtigsten Regelungen zur Erwerbsmigration für EU-Bürgerinnen und -Bürger und Drittstaatsangehörige – unterteilt unter anderem nach Personen mit und ohne Berufsausbildung, Personen mit Hochschulabschluss sowie Unternehmerinnen und Unternehmern bzw. Selbständige. Mehr

Ein weiteres Angebot, um sich über die Chancen und Möglichkeiten eines Visums im Sinne des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes zu informieren, ist ein Portal der Bundesregierung. Auf www.make-it-in-germany.com erhalten Einwanderungsinteressierte Informationen, wie sie ihren Weg nach Deutschland erfolgreich gestalten können – von den Vorbereitungen im Herkunftsland bis zur Ankunft und den ersten Schritten in Deutschland.  Ein Quick-Check gleich am Anfang des mehrsprachigen Portals führt Interessierte entsprechend ihrer Qualifikation durch die Möglichkeiten des Gesetzes und stellt erste Hinweise zur Verfügung. Auch ein Newsletter kann abonniert werden.

8.   Schutzsuchende aus Somalia haben Anspruch auf Integrationskurs

Mit dem Schreiben vom 22.02.2021 (Az.: 82A-9500.12.17.3) an die Träger der Integrationskurse teilt das BAMF mit, dass die Liste der Herkunftsländer „mit guter Bleibeperspektive“ erweitert wird. Zuletzt standen nur noch Syrien und Eritrea auf dieser strittigen Liste. Nun können auch Asylsuchende aus Somalia einen entsprechenden Antrag auf Berechtigung zur Teilnahme an einem Integrationssprachkurs stellen. Der Schritt wird mit der gestiegenen und konstanten Gesamtschutzquote bei Somaliern begründet. Gemäß § 44 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1a AufenthG können auch Asylsuchende zur Teilnahme am Integrationskurs zugelassen werden, sofern Plätze verfügbar sind. Entscheidend sind die Erfolgsaussichten ihres Asylantrags.

9.   Schutzbrief gegen weibliche Genitalverstümmelung

Der Bundesverband Sozialdienst katholischer Frauen (SkF) weist auf einen Schutzbrief hin, der Mädchen vor Genitalverstümmelung im In- und Ausland schützen soll. Das Thema „weibliche Genitalverstümmelung“ (FGM_C) kann in verschiedenen Arbeitsfeldern des SkF, z.B. in der Beratung von Migrant/innen und geflüchteten Familien, in der Schwangerschaftsberatung, den frühen Hilfen und der sexualpädagogischen Arbeit relevant sein (Die englischen Begriffe FGM oder FGC stehen für Female Genital Mutilation und Female Genital Cutting). Frau Bundesministerin Giffey hat diesen Schutzbrief zum Internationalen Tag gegen weibliche Genitalverstümmelung am 06.02.2021 vorgestellt. Er informiert über die Strafbarkeit von FGM_C nach deutschem Recht, auch wenn sie im Ausland vorgenommen wurde. Den Eltern drohen bis zu 15 Jahren Haft sowie ggfs. der Verlust des Aufenthaltstitels. Der Schutzbrief soll von den Familien mit auf Reisen in die Herkunftsländer genommen werden. Er gibt ihnen starke und überzeugende Argumente gegen den dort ausgeübten gesellschaftlichen und familiären Druck an die Hand. Auch für Prävention und die Aufklärungsarbeit in Deutschland eignet sich der Brief. Neben Angaben über die Strafbarkeit informiert er über die gesundheitlichen Folgen von FGM_C und gibt Auskunft darüber, wo Betroffene Hilfe und Unterstützung erhalten können. Den Schutzbrief finden Sie hier.

10.  Informationsblatt für Geflüchtete, die nach Österreich rücküberstellt werden

Das Raphaelswerk hat eine Reihe von Informationsblättern für Geflüchtete, die in andere EU-Länder rücküberstellt werden, herausgegeben. Die jüngste Publikation zeigt Angebote, Verfahrenswege und Kontaktstellen in Österreich auf. Die Orientierungshilfe richtet sich, wie alle anderen Vorgänger auch, an Beraterinnen und Berater, ehrenamtliche Unterstützungskreise und Betroffene. Das Informationsblatt kann hier abgerufen werden. Dort finden Sie auch die bisherigen Länderinformationen u.a. zu den Niederlanden, Italien, Bulgarien, Dänemark, Frankreich, Griechenland, Polen, Schweden und Spanien, jeweils in deutscher und englischer Sprache.

11.  Pushbacks an den Außengrenzen der Europäischen Union müssen aufhören

Caritas-Präsident Peter Neher äußert sich am 11.03. in einer Pressemeldung  anlässlich des EU-Ministertreffens zu Pushbacks an den Außengrenzen der EU und plädiert für menschenwürdige Grenzschutzsysteme.  „Pushbacks an den Außengrenzen der Europäischen Union müssen aufhören. Sie verletzen den völkerrechtlichen Grundsatz der Nichtzurückweisung und sind illegal. Wir brauchen menschenwürdige Grenzschutzsysteme, die menschenrechtlichen Vorgaben entsprechen. Schutzsuchende und Migrant/innen müssen fair und human behandelt werden. Auf europäischer Ebene sollten hierfür klare Konzepte und konkrete Leitfäden ausgearbeitet werden, die verbindlich sind und deren Einhaltung regelmäßig und wirksam überprüft wird. Dies könnte dazu beitragen, dass Grenzschutzsysteme funktionieren und gleichzeitig Schutzsuchende Zugang zu internationalem Schutz erhalten können. Darüber hinaus ist ein unabhängiger Grenzbeobachtungsmechanismus durch eine europaweite Koordination der Europäischen Agentur für Grundrechte unabdingbar.”

12.  Bundesregierung will mehr Dokumente zu Ausländern zentral speichern

Asylbescheide, eingescannte Ausweise und andere Dokumente von in Deutschland lebenden Auslän­dern sollen künftig an einem Ort zentral gespeichert werden. Das Bundeskabi­nett beschloss am 24.02.2021 einen entsprechenden Gesetzentwurf. Dieser sieht vor, dass Bund, Länder und Kommunen künftig über das Ausländer­zentralre­gister (AZR) Zugriff auf alle relevanten Dokumente haben. Für Ausländer hätte das den Vorteil, dass sie die gleichen Angaben bei den verschiedenen Behörden nicht immer wieder neu machen müssten. Auch bei einem Umzug in eine andere Gemeinde und damit zu einer anderen der insgesamt mehr als 600 Ausländerbehörden wäre der Aufwand dann weniger groß. Kritiker halten es allerdings für fraglich, ob diese neuerliche Reform des Registers tatsächlich den gewünschten Effekt hätte. Sie verweisen auf das Risiko eines missbräuchlichen Zugriffs auf die dann zentral gespeicherten Daten und darauf, dass die notwendige Bereinigung fehlerhafter Datensätze – etwa durch die unterschiedliche Schreibweise von Namen oder fehlende Vermerke zu Ausreisen – bis heute nicht abgeschlossen sei. Die letzte flächendeckende Datenbereinigung des AZR zum Ende des Jahres 2004 sowie der Zensus 2011 haben gezeigt, dass das AZR zum Aufbau eines Überbestandes neigt, vor allem aufgrund der Untererfassung von Fortzügen ins Ausland."

13.  Studie zur Identifizierung von Personen mit Traumafolgestörungen

Die Bundesweite Arbeitsgemeinschaft der Psychosozialen Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer (BAfF e.V.) hat eine Studie zur Identifizierung besonderer Schutzbedürftigkeit bei Geflüchteten in Deutschland veröffentlicht. Darin wird auf Basis einer Auswertung der bisher in Deutschland bestehenden Ansätze ein effektives und systematisches Verfahren für eine strukturierte Identifizierung besonderer Schutzbedürftigkeit von Geflüchteten entwickelt. Damit auf die besonderen Bedarfe von Schutzsuchenden eingegangen werden kann, müssen diese zunächst erkannt werden. Die Bundesregierung sieht die Verantwortung für die Identifizierung besonderer Schutzbedarfe bei den Bundesländern. Das hat dazu geführt, dass die Situation in den Bundesländern sehr unterschiedlich ist. In der Studie der BAfF werden die Vor- und Nachteile der unterschiedlichen Ansätze in allen Bundesländern analysiert und daraus ein Verfahren vorgeschlagen, das sicherstellt, dass möglichst alle Geflüchteten mit besonderen Schutzbedarfen Unterstützung erhalten, wenn sie dies möchten. Es werden Empfehlungen an die Bundesländer formuliert, Verfahren zu entwickeln, die sich an den in der Studie erarbeiteten Kriterien orientieren.

14.  Kommunale Migrations- und Flüchtlingspolitik

Städte und Gemeinden sind seit Jahrzehnten in der Integrationspolitik aktiv. Seit einigen Jahren äußern sie sich aber auch verstärkt zur Gestaltung von Zuwanderung und zur Aufnahme von Geflüchteten. Was wollen die Kommunen erreichen, vor welchen Problemen und Herausforderungen stehen sie? Welche Rolle kommt ihnen im Mehrebenensystem mit Blick auf migrationspolitische Fragen zu? Ob mit Blick auf Seenotrettung, die Aufnahme von Geflüchteten aus Lesbos oder die Wohnsitzwahl von anerkannten Flüchtlingen: Kommunen haben eine Diskussion über ihre Rolle in der Migrations- und Asylpolitik angestoßen. Einige Kommunen in Deutschland wollen freiwillig mehr Geflüchtete aufnehmen. Sie setzen sich seit einigen Jahren für ein stärkeres Mitspracherecht bei der Flüchtlingsaufnahme ein. Wie ist es um die kommunale Rechtsposition in dieser Hinsicht bestellt? Die Bundeszentrale für politische Bildung bietet einen Überblick über aktuelle Entwicklungen und Debatten

15.  Leitfaden für die Praxis – LSBTI*-sensibler Gewaltschutz für Geflüchtete

Queere Geflüchtete werden in den Unterkünften besonders häufig Opfer von Gewalt. Daher zählen sie bei der Unterbringung zu den besonders schutzbedürftigen Gruppen. Aufgrund der negativen Vorerfahrungen in den Herkunftsländern und der Angst vor Gewalt in der Unterkunft bleiben die meisten LSBTI*-Geflüchteten in den Unterkünften unsichtbar. Die Konsequenz ist, dass ihre Bedarfe bei der Unterbringung und Betreuung oft nicht berücksichtigt werden. Der neue Leitfaden richtet sich somit vor allem an die Mitarbeitenden der Unterkünfte der Länder und Kommunen – schließt aus unserer Sicht auch Mitarbeitende  von Wohlfahrtsverbänden und ehrenamtlich Engagierte ein. Kurz und bündig stellt er dar, wie die Vorgaben zum Schutz LSBTI*-Geflüchteter der „Mindeststandards zum Schutz geflüchteter Menschen in Flüchtlingsunterkünften“ in der Praxis umgesetzt werden können. Praktische Checklisten und neunsprachige Formulierungsvorschläge für Hausordnungen, Leitbilder, Aushänge sowie Gruppen- und Beratungsgespräche machen einen unmittelbaren Transfer in den Arbeitsalltag möglich. Gefördert wurde die Erstellung des Leitfadens vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend im Rahmen der Bundesinitiative zum Schutz geflüchteter Menschen in Flüchtlingsunterkünften.

16.  Diskriminierung = Benachteiligung + geschützte Diskriminierungskategorie + kein sachlicher Grund

Wann ist eine Ungleichbehandlung oder eine Benachteiligung eine Diskriminierung? Woran erkenne ich eine Diskriminierung? Von welchem Diskriminierungsmerkmal könnten potentiell alle Menschen in unterschiedlichen Lebensphasen betroffen sein? Welche sachlichen Gründe rechtfertigen die Benachteiligung und eine zulässige unterschiedliche Behandlung? Eine Antwort auf die Fragen finden Sie in der aktuellen Ergänzung „Diskriminierung“ auf www.kreuz-ohne-haken.de hier. Diskriminierungen sind keine eigenen Ungleichwertigkeitsvorstellungen. Sie sind aber als eine mit Abwertung verbundene Ausgrenzung und Benachteiligung von Personen und Gruppen ohne einen sachlichen Grund bei jeder Ungleichwertigkeitsvorstellung zu finden.

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Herausgeber: Josef Lüttig, Flüchtlingsbeauftragter
Redaktion: , Koordination Flüchtlingshilfe im Erzbistum Paderborn,
                    , Referat Migration, Asyl und Partizipation  im Caritasverband für das Erzbistum Paderborn e.V.