November 2023

1. Ökumenischer Besuch beim Flüchtlingsprogramm „Neustart im Team“ (NesT)

Der Sonderbeauftragte für Flüchtlingsfragen der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Dr. Stefan Heße und der Beauftragte für Flüchtlingsfragen der Evangelischen Kirche in Deutschland Bischof Dr. Christian Stäblein, haben sich am 7. November 2023 gemeinsam in Witten über das staatlich-zivilgesellschaftliche Aufnahmeprogramm „NesT – Neustart im Team“ informiert.

Im Zentrum des Besuchs der beiden Bischöfe stand die Begegnung mit Ehrenamtlichen, die sich bei NesT engagieren, sowie mit Schutzsuchenden, die über das Programm aufgenommen wurden. Vier Mentoring-Gruppen aus Witten und Unna waren anwesend und berichteten über ihr Engagement in dem Programm. Erzbischof Heße und Bischof Stäblein erklärten: „Viele Menschen in Deutschland möchten Menschen auf der Flucht helfen und ihnen bei uns eine neue, sichere Zukunft ermöglichen. Das NesT-Programm bietet dazu die Möglichkeit. An NesT lässt sich eindrücklich sehen, wie viel Gutes gelingen kann, wenn Staat, Kirche und Zivilgesellschaft Hand in Hand zusammenarbeiten. Das vielfältige Engagement, das durch NesT aktiviert wird, bietet für die ankommenden Geflüchteten die besten Bedingungen.“ Mehr

2. Migrationsgipfel: Was haben Bund und Länder beschlossen?

Am 07.11.23 haben sich Bund und Länder zum sogenannten Migrationsgipfel im Kanzleramt getroffen und sich über neue Wege im Umgang mit Geflüchteten verständigt. Was für die Union nicht weit genug geht, ist für die Sozialverbände der Beweis einer inhumanen Politik Deutschlands. Beschlossen wurde u.a., dass die Asylverfahren beschleunigt werden, Abschiebungen schneller erfolgen und Migrationsabkommen mit den Herkunftsländern abgeschlossen werden sollen. Besonders problematisch ist die geplante Verlagerung von Asylverfahren in Transitländer. Außerdem soll auf EU-Ebene eine faire Verteilung von Schutzsuchenden erreicht werden; solange das nicht der Fall ist, sollen die Außengrenzen besser kontrolliert und geschützt werden. Was die Sozialleistungen für Geflüchtete angeht, fühlt man sich teilweise in die 1990er Jahre zurückversetzt. Während der Bund ab 2024 pro Schutzsuchenden eine Pauschale von 7.500 übernimmt, sollen die Leistungen für Geflüchtete weiter gekürzt und diese teilweise als Guthaben auf eine Bezahlkarte zur Verfügung gestellt werden. Außerdem soll die Frist für die Umstellung auf höhere Leistungen (auf Höhe von SGB II Leistungen) von jetzt 18 auf 36 Monate verlängert werden. An einer neu einzurichtenden Kommission zur Steuerung der Migration und Integration sollen auch gesellschaftliche Gruppe wie die Kirchen beteiligt werden. Mehr

3. Wie kann die Arbeitsmarktintegration Geflüchteter gelingen?

Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) der Bundesagentur für Arbeit hat die rechtlichen und institutionellen Voraussetzungen für Geflüchtete im Hinblick auf den Zugang zum Arbeitsmarkt analysiert. Dabei wurde ein Vergleich der unterschiedlichen rechtlichen und institutionellen Voraussetzungen von Geflüchteten aus der Ukraine und Geflüchteten, die über das Asylverfahren aufgenommenen wurden, vorgenommen.

Kernaussage: Eine frühzeitige vollständige Integration in das SGB und die damit verbundene eindeutige Zuständigkeit der Jobcenter – über alle Förderinstrumente des SGB II in Verbindung mit dem SGB III -  sowie gute Wohnverhältnisse und eine sichere Bleibeperspektive erleichtern die Arbeitsmarktintegration erheblich. Der Umgang mit Geflüchteten aus der Ukraine kann dafür als bestens gelungenes Beispiel herangezogen werden. Mehr

4. Arbeitshilfe zum Chancen-Aufenthaltsrecht

Zum Beginn dieses Jahrs wurde das Chancen-Aufenthaltsrecht eingeführt, das langjährig sich in Deutschland aufhaltenden geduldeten Personen mit einer Stichtagsregelung den Übergang in eine Aufenthaltserlaubnis ermöglichen soll. Für die Beratung dieser Personengruppe hat der Paritätische nun die Arbeitshilfe "Das Chancen-Aufenthaltsrecht in der Beratungspraxis" veröffentlicht.

Die vorliegende Arbeitshilfe soll Berater*innen dabei helfen, ihre Klient*innen sowohl hinsichtlich der Antragstellung wie auch mit Blick auf den Übergang in die Bleiberechtsregelungen zu begleiten. Die Broschüre ist entsprechend bewusst praxisnah gestaltet worden und enthält zahlreiche Tipps und Hinweise für die Beratungspraxis. Sie stellt zunächst ausführlich dar, was hinsichtlich der Erteilungsvoraussetzungen des § 104c AufenthG sowie der Antragstellung zu beachten ist und behandelt anschließend vor allem die Voraussetzungen, Besonderheiten und Schwierigkeiten bei einem Übergang in die Bleiberechtsregelungen der §§ 25a und 25b AufenthG. Mehr

5. Kabinett will Arbeitsaufnahme für Geflüchtete erleichtern

Am 01.11.23 hat das Bundekabinett mehrere Vorhaben auf den Weg gebracht. Neben schärferen Strafen für Schleuser und einen automatischen Datenaustausch im Ausländer- und Sozialrecht, sollen Erleichterungen beim Zugang zum Arbeitsmarkt kommen. Demnach sollen Asylbewerber und Geduldete künftig im Regelfall eine Beschäftigungserlaubnis erhalten. Außerdem soll das Arbeitsverbot für Geflüchtete, die in Erstaufnahmeeinrichtungen für Alleinstehende leben, bereits nach sechs Monaten entfallen. Bisher galt das Verbot für neun Monate. Die Ampel-Koalition will auch die Stichtagsregelung für die sogenannte Beschäftigungsduldung ändern. Bisher kann diese Möglichkeit nur nutzen, wer vor dem 1. August 2018 in die Bundesrepublik gekommen ist. Künftig sollen alle, die bis Ende 2022 nach Deutschland eingereist sind, diese Chance auf eine langfristige Bleibeperspektive nutzen können. Menschen, die aus sogenannten sicheren Herkunftsländern "offensichtlich unbegründete" Asylanträge gestellt oder ihre Identitätsklärung verweigert haben, sollen von den nun auf den Weg gebrachten Erleichterungen nicht profitieren können. Im Allgemeinen handelt es sich um richtige Ansätze, jedoch bleibt der Entwurf hinter den Erwartungen, vor allem die im Koalitionsvertrag vorgesehene Lockerung von Arbeitsverboten, zurück.

6. Bundesinnenministerium sieht "Reueerklärungen" als generell unzumutbar an

In einem Rundschreiben an die Bundesländer hat das Bundesinnenministerium (BMI) Handlungsempfehlungen zur Frage der Identitätsklärung in aufenthaltsrechtlichen Verfahren gegeben. Demnach ist die Passbeschaffung als unzumutbar anzusehen, wenn ein Herkunftsstaat die Ausstellung von Dokumenten an die Unterzeichnung einer "Reueerklärung" knüpft und die Betroffenen sich dabei selbst einer Straftat bezichtigen müssen. Mehr

7. Pro Asyl: 10 Argumente für Fairness und Offenheit in der Flüchtlingspolitik

„Flüchtlingspolitische Fragen werden missbraucht, um die Verantwortung für gesamtgesellschaftliche Versäumnisse und infrastrukturelle Mängel auf andere zu schieben. Jedoch: Wenn sich Mehrheiten zusammenfinden, um Minderheiten ihre Rechte zu nehmen, erodieren zugleich Rechtsstaatlichkeit und Demokratie. Genau das ist gegenwärtig der Fall!“, so PRO ASYL in einer Mitteilung zur aktuellen Lage der Flüchtlingspolitik. Als eine Antwort darauf und Argumentationshilfe für Haupt- und Ehrenamtliche hat PRO ASYL Zahlen, Daten und Argumente zusammengestellt, die in den gegenwärtigen Auseinandersetzungen weiterhelfen können. Mehr

8. Appell von über 150 Organisationen gegen sozialrechtliche Verschärfungen für Geflüchtete

Gemeinsam mit über 150 Organisationen spricht sich der Deutsche Caritasverband in einem Appell gegen sozialrechtliche Verschärfungen und für eine Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes aus.

Mit Bestürzung verfolgen die unterzeichnenden Organisationen - darunter neben dem Deutschen Caritasverband andere Wohlfahrtsverbände und zahlreiche Menschenrechtsorganisationen - die aktuelle politische Debatte über Asylsuchende, die zunehmend von sachfremden und menschenfeindlichen Forderungen dominiert wird. Offenkundig geht es darum, grundlegende Ansprüche Asylsuchender einzuschränken. Die im Raum stehenden Forderungen reichen von einer generellen Umstellung von Geld- auf Sachleistungen über eine Kürzung des Existenzminimums bis hin zur Forderung, dass kranken Menschen eine medizinische Grundversorgung vorenthalten werden soll. Dabei ist die Behauptung, bessere soziale Bedingungen würden dazu führen, dass mehr Menschen nach Deutschland kommen, seit langer Zeit wissenschaftlich widerlegt. Den Vorschlägen treten die Unterzeichnenden mit Verweis auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts entgegen und stellen klar: die Menschenwürde gilt auch für Geflüchtete! Der Appell steht hier zum Download zur Verfügung.

9. Fünf-Punkte-Plan für eine funktionierende Asyl-, Aufnahme- und Integrationspolitik

Gemeinsam mit einem Bündnis zivilgesellschaftlicher Organisationen und Wohlfahrtsverbände, darunter AWO, Diakonie, Parität und Pro Asyl, hat der Deutsche Caritasverband einen Fünf-Punkte-Plan für eine funktionierende Asyl-, Aufnahme- und Integrationspolitik veröffentlicht. Was es aus Sicht der beteiligten Verbände in der aktuellen Situation braucht, sind lösungsorientierte und pragmatische Ideen für eine gute Aufnahme und schnelle Integration. Im öffentlichen politischen Diskurs vermissen die unterzeichnenden Organisationen faktenbasierte und menschenrechtsgeleitete Vorschläge. Die derzeitigen Abschottungs- und Abwehrdiskussionen helfen nicht weiter und halten Menschen auf der Flucht nicht davon ab, ein Leben in Sicherheit zu suchen. Statt Geflüchtete gesellschaftlich und rechtlich auszugrenzen, ist ein Umdenken nötig, um ihre Aufnahme zu meistern und die sich unserer Gesellschaft bietenden Chancen zu nutzen. Der Fünf-Punkte-Plan steht hier zum Download zur Verfügung.

10. Online Umfrage zur Situation von geflüchteten jungen Menschen

Der Bundesverband für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (BumF) lädt alle Haupt- und Ehrenamtlichen ein, an einer Online-Umfrage zur Situation von geflüchteten jungen Menschen teilzunehmen. Im Aufruf dazu heißt es: „In der Umfrage werden Erkenntnisse und Beobachtungen in der Arbeit mit jungen geflüchteten Menschen erhoben; sie dokumentiert, was die jungen Menschen brauchen, was ihr als Fachkräfte benötigt, was gelingt, wo und unter welchen Bedingungen junge Menschen in der derzeit schwierigen Situation Perspektiven entfalten können“. Weitere Informationen und die Umfrage finden Sie hier.

Gut zu wissen …

Immer wieder erreichen uns Fragen nach Rechtsprechung und Erlassen u.a. zu Dublin-Verfahren, Aufenthaltsrecht, Asylrecht, AsylbLG. Um Redundanzen zu vermeiden möchten wir an dieser Stelle auf die Entscheidungsdatenbank des Informationsverbund Asyl & Migration verweisen.

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Herausgeber: Ralf Nolte, Flüchtlingsbeauftragter

Redaktion: Hezni Barjosef, Koordination Flüchtlingshilfe im Erzbistum Paderborn,